Sommerzeit ist Lesezeit. Wie wäre es da mal mit einem Blick in den Sächsischen Bildungsplan für die Kitas. Bildungsplan was? Ganz einfach gesagt ist der Bildungsplan sozusagen der Orientierungsrahmen, nach dem die Kitas in Sachsen arbeiten sollten. Das Problem an der Sache: Aufgrund des miserablen Personalsschlüssels in Sachsens Kitas können die ErzieherInnen den hohen Ansprüchen des Bildungsplanes immer weniger gerecht werden.
Der Sächsische Bildungsplan wurde nach einer dreijährigen Erarbeitungsphase im Jahr 2011 veröffentlicht. „Als verbindlicher Rahmen soll der Bildungsplan die pädagogische Praxis in sächsischen Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflegestellen qualitativ voranbringen“ (S. 12). Obwohl sich der Bildungsplan primär an die Erzieherinnen und Erzieher richtet, empfiehlt der Stadtelternrat allen Eltern mit Kitakindern in der Sommerzeit einmal die Lektüre des knapp 200 Seiten umfassenden Werkes. Mamas und Papas werden so ganz sicher einen neuen Blickwinkel auf ihre Kinder gewinnen. Möglich machen das kleine Fragestellungen nach den einzelnen Kapiteln.
Wir haben einmal an dieser Stelle ein paar Punkte zusammengefasst, die uns wichtig erscheinen:
- „Erzieherinnen, Erzieher und Kindertagespflegepersonen sollen mit Hilfe von Dokumentationsverfahren in die Lage versetzt werden, gemeinsam mit den Mädchen und den Jungen Erfahrungen und Lerngeschichten zu reflektieren, um ihnen zu zeigen, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt einen Lernprozess durchlaufen haben.“ (S. 13)
- „Qualitätssicherung ist zwar zunächst eine Aufgabe der Leitung und des Trägers, aber sie ist auch Aufgabe jedes/jeder Einzelnen“ (S. 13)
- „Das Gespräch auf „gleicher Augenhöhe“, in dem Mütter und Väter als Expertinnen und Experten für die Bildung ihrer Kinder mit eigenen Ideen, Gedanken und Interessen angesehen werden, ist ebenso grundlegend wie die Aktivierung von Eltern zu Beteiligung an den Belangen der Kindertageseinrichtungen.“ (S. 13)
- „Es werden im Bildungsplan bewusst keine Kompetenzkataloge formuliert, die Kinder bis zu einem bestimmten Alter erreicht haben müssen – zum Beispiel um eingeschult zu werden.“ (S. 14)
- „In vielen Familien machen Kinder Erfahrungen des Scheiterns, des Misserfolgs und der Unzulänglichkeit, die zukunftsbezogene Bestrebungen und das Engagement für die Verbesserung der Lebenssituation wenig Erfolg versprechend erscheinen lassen.“ (S. 19) (…) „Der Aufbau von Selbstbewusstsein, Selbstwert und Vertrauen in die eigenen Bemühungen ist bei besonders belasteten und beeinträchtigten Kindern fundamental, um die Motivation für Bildungsaktivitäten und Selbstbildungsprozesse herzustellen und aufrechtzuerhalten.“ (S. 20)
- „Ebenso müssen Zeiten für die Vor- und Nachbereitung, für den Austausch mit Fachberater/innen, aber auch für die Dokumentation der Bildungs- und Lerngeschichten sowie für die eigene Fort- und/oder Ausbildung zur Ermöglichung einer qualifizierten Arbeit bereitgestellt werden.“ (S. 22/23)
- „Elektronisches Spielzeug ist in seinen Funktionen oft begrenzt, das heißt, man es kann es anschauen, hinter sich herziehen oder auf einen Knopf drücken. Angesichts der Eingeschränktheit dieser Gegenstände können Kinder schnell das Interesse verlieren. Es sei denn, der Gegenstand geht entzwei und kann auseinander genommen werden.“ (S. 25)
- „Die Möglichkeit zu schlafen, zu ruhen und zu entspannen muss für bis zu dreijährige Kinder während des gesamten Tages gegeben sein, denn nach einer Phase der Aktivität sind Ruhephasen zum Regenerieren notwendig. Da das Bedürfnis nach Spannung und Entspannung individuell verschieden ist, ist es günstig, wenn Kinder nicht nur gemeinsam mit anderen zu einer festgelegten Zeit schlafen. Dazu müssen entsprechende räumliche Bedingungen geschaffen werden.“ (S. 57)
- „Partizipation in der Kommune kann unterschiedliche Formen annehmen und reicht von der repräsentativen Beteiligung in Kinder- und Jugendparlamenten bzw. -beiräten bis hin zu offenen Formen der Beteiligung in Zukunftswerkstätten zur Wohnraumplannung, in Zirkeln für Verkehrsplanung und Stadtteilforschung im Rahmen von Spielraumgestaltung.“ (S. 65)
- „Neben der Einmischung in die Stadt- bzw. Gemeinedentwicklung ist es nötig, dass Politiker/innen bewusst (Spiel)-Räume freihalten, die Kinder eigenverantwortlich entwerfen und gestalten können, auch wenn das Ergebnis nicht immer den Wertvorstellungen anderer entspricht.“ (S. 71)
- „Insbesondere für sozial schwache und bildungsbenachteiligte Familien stellt deshalb die Unterstützung einer bildungswirksamen Lese- und Mediensozialisation durch Kindertageseinrichtungen ein wichtiges Instrument dar, um den „Teufelskreis“ zwischen Armut und späterem schulischem Scheitern zu durchbrechen.“ (S. 88)
- „Zudem sollte jede Einrichtung eine Kinderbibliothek anlegen oder gemeinsam mit Kindern Bücher ausleihen, die geeignet sind, sich gemeinsam auf die Suche nach verschiedenen Ausdrucksmöglichkeiten zu begeben. Bücher über Architektur, Drucke bekannter Künstler/Innen oder Kunstpostkarten können Kinder anregen, ihre kreativen Potenziale für künstlerische Ausdrucksmöglichkeiten auszuschöpfen. Um sich selbst und die Kinder anzuregen, können Werkstätten in der Nachbarschaft besucht werden.“ (S. 105)
- Kita als Kommunikationsort (S. 157)
- „In manchen Einrichtungen erhalten die Familien auch ein Foto des Teams der Kindertageseinrichtung, damit sie wissen, wer von nun an Ansprechpartner/in in der neuen Umgebung sein wird.“ (S. 158)
- „Individuelle Elterngespräche im halbjährlichen Rhythmus sollten dazu dienen, diese gemeinsamen Erfahrungen auszutauschen und sich im Interesse des Kindes über seine individuellen Entwicklungspotenziale zu verständigen, um gemeinsame Unterstützungsmöglichkeiten für seinen individuellen Bildungsplan zu finden.“ (S. 159)
- „Bei Elternstammtischen und anderen Begegnungsmöglichkeiten können Erzieher/innen, Mütter und Väter in ungezwungener Atmosphäre verschiedene Bildungs- und Erziehungsthemen und Vorhaben diskutieren.“ (S. 159)
- „Um gemeinsam für eine kinderfreundliche und familiengerechte Kommune tätig zu werden, sind alle Erwachsenen gefordert. Die Anerkennung von Elternbeiräten, Stadt- und Kreiselternräten als Ansprechpartner der örtlichen Träger der Jugendhilfe trägt dazu bei, Familien an regionalen gesellschaftlichen Entwicklungen zu beteiligen.“ (S. 164)