In der frühkindlichen Bildung bleibt gute Qualität oftmals auf der Strecke, weil viele Kindertageseinrichtungen nicht genügend Erzieherinnen und Erzieher haben. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie der Bertelsmann-Stiftung, die heute vorgestellt wurde. Die Personalschlüssel für Kitas in Sachsen weichen demnach erheblich von einem kindgerechten und pädagogisch sinnvollen Betreuungsverhältnis ab. In Sachsen ist eine Erzieherin für nahezu doppelt so viele Kinder zuständig wie in Bremen oder Baden-Württemberg. Bei den Kindergarten-Gruppen ist die Betreuungssituation nur noch in Mecklenburg-Vorpommern schlimmern. Bei den Kindergarten-Gruppen kann der Freistaat immerhin noch Sachsen-Anhalt überholen. Die schwarz-gelbe Landesregierung ist inzwischen in der Sommerpause, sonst wäre vielleicht noch der letzte Platz drin gewesen.„Wir brauchen dringend einheitliche Qualitätsstandards, die in einem Bundes-Kita-Gesetz geregelt sind“, sagte Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Würden die von der Bertelsmann Stiftung empfohlenen Personalschlüssel für alle Kitas in
Sachsen verbindlich gelten, wären 16.700 Erzieherinnen zusätzlich erforderlich.
Die Bertelsmann Stiftung empfiehlt, dass bei den unter Dreijährigen eine Erzieherin für höchstens drei Kinder verantwortlich ist. Für die Altersgruppe ab drei Jahren sollte der Personalschlüssel nicht schlechter als 1 zu 7,5 sein. „Politik und Praxis sollten sich auf bundesweite kindgerechte Standards einigen, damit alle Kita-Kinder in Deutschland gute Bildungschancen haben“, sagte Dräger. Diese Standards müssten in einem Bundes-Kita-Gesetz geregelt werden. Dort könnten auch Zeitbudgets für Leitungsaufgaben sowie Qualitätskriterien für Fort- und Weiterbildungen sowie die Mittagsverpflegung festgelegt werden. Erst kürzlich hatte eine Studie der Bertelsmann Stiftung beim Kita-Essen erhebliche Defizite offen gelegt. „Der Kita-Rechtsanspruch hat die Bundesländer gezwungen, die Quantität der Kita-Plätze zu erhöhen. Nun sollte ein Bundes-Kita-Gesetz dafür sorgen, dass auch überall die Qualität stimmt“, sagte Dräger.
Nach Angaben der Bertelsmann-Stiftung ist eine Krippen-Erzieherin in Sachsen für Erzieherin für 6,6 Kinder zuständig. Im Westen liegt der Schnitt bei 3,8 Kindern. Dieses statistische Betreuungsverhältnis sieht im Kita-Alltag sogar noch ungünstiger aus. Weil eine Erzieherin aufgrund von Teamgesprächen, Fortbildung und Urlaub höchstens 75 Prozent ihrer Arbeitszeit für pädagogische Arbeit nutzen kann, betreut sie in Sachsen tatsächlich fast neun unter Dreijährige.
Miserabel sind die Betreuungsverhältnisse auch für sächsische Kinder ab drei Jahren: In dieser Altersgruppe ist eine Erzieherin durchschnittlich für 13,5 Kinder zuständig, das sind vier Kinder mehr als im Bundesdurchschnitt. Vorzeigeländer sind erneut Bremen (1 zu 7,7) und Baden-Württemberg (1 zu 8).
Die komplette Studie gibt es hier. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ stellt eine interaktive Grafik zum Thema zur Verfügung.